Erbschein und Erteilung


Nachricht E 003/2021

Erst wenn ernste Zweifel an der Echtheit einer Unterschrift auf einem Testament bestehen, muss ein Gutachten eingeholt werden

Das Oberlandesgericht Düsseldorf 3 Wx 79/20 hatte sich in einer aktuellen Entscheidung damit auseinanderzusetzen, wann und wie sich im Erbscheinerteilungsverfahren ein Nachlassgericht mit der Echtheit einer Unterschrift zu befassen hat.

Was war geschehen? Ein streitiges Erbscheinerteilungsverfahren!

Im Vorfeld des Erbscheinerteilungsverfahrens vor dem Amtsgericht Kempen hatte die Erblasserin ihre Nichte mit handschriftlich errichteten Testament vom 19.05.2003 zur Alleinerbin bestimmt.

Zuvor hatte die Erblasserin allerdings mit notariellem Erbvertrag vom 19.05.1992, gemeinsam mit ihrem zwischenzeitlich vorverstorbenen Ehemann, den aus erster Ehe stammenden Sohn dieses, zum Alleinerben des Letztversterbenden eingesetzt. Diese Einsetzung stand jedoch unter dem Vorbehalt, dass der berechtigte Stiefsohn nach dem Tod des Vaters gegenüber seiner Stiefmutter keinen Pflichtteilsanspruch geltend mache.

Zwischen den beiden Parteien war nach dem Tod der Erblasserin nunmehr streitig, wie eine Zahlung am 13.01.2003 in Höhe von 30.000,00 Euro zu bewerten sei.

Nach dem Tod der letztverstorbenen Erblasserin beantragten beide potentielle Erben die Erteilung eines Erbscheins, welcher sie als Alleinerben ausweise.

Die Nichte führte in das Erbscheinerteilungsverfahren ein, dass es sich mit der Zahlung um eine Folge der Geltendmachung des Pflichtteils handele, während der Stiefsohn sich auf ein Schenkungsversprechen in Höhe von insgesamt 70.000,00 Euro berief, welches die Stiefmutter mit Zahlungen Anfang des Jahres 2002 in Höhe von 40.000,00 Euro und am 22.11.2002 in Höhe von weiteren 30.000,00 Euro bewirkt habe.

Hierzu hatte die Erblasserin mit Datum vom 22.11.2002 eine schriftliche Erklärung abgegeben.

Das Nachlassgericht sah infolge der Erklärung der Erblasserin vom 22.11.2002 hinreichend durch den Stiefsohn der Erblasserin glaubhaft gemacht, dass er nicht die auflösende Bedingung des Erbvertrages ausgelöst habe, sondern die Erblasserin an diesen gebunden gewesen war. Sie konnte damit nicht mehr zu Gunsten der Nichte über das gemeinschaftliche Vermögen der Eheleute auf dem Wege der testamentarischen Anordnung verfügen.

Unechtheit der Unterschrift unter die Erklärung vom 22.11.2002

Die Nichte machte nunmehr im Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf erstmalig geltend, dass die Unterschrift unter der Erklärung der Erblasserin vom 22.11.2002 über die Erfüllung des Schenkungsversprechens unecht sei und nicht von der Erblasserin stamme.

Hierzu führte das Oberlandesgericht im Einzelnen aus:

Nur in Zweifelsfällen und wenn das Gericht selbst Auffälligkeiten in Bezug auf die Echtheit einer Unterschrift feststellt, gebietet der Grundsatz zur Beweiserhebung nach pflichtgemäßem Ermessen, § 29 Abs. 1 Satz 1 FamFG, die Einholung eines schriftvergleichenden Gutachtens (Senat, FGPrax 2014, 31; vgl. Keidel/Sternal, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 29 Rn. 7 ff.; vgl. zur Aufklärung der Echtheit der Unterschrift auf einem Testament: Palandt-Weidlich, a.a.O., § 2247 Rn. 17; Keidel/Sternal, a.a.O., § 29 Rn. 54). Derartige Auffälligkeiten sind vorliegend indes nicht zu erkennen. Das gilt sowohl, worauf bereits das Nachlassgericht hingewiesen hat, wenn die von der Beteiligten zu 1 angezweifelte Unterschrift vom 22. November 2002 mit den unzweifelhaft von der Erblasserin stammenden Unterschriften in der notariellen Urkunde vom 19. Mai 1992 und im Testament vom 19. Mai 2003 miteinander verglichen werden. Werden überdies die Unterschriften der Erblasserin im Protokoll über die Eröffnung des Erbertrages nach dem Tode ihres Ehemannes vom 20. August 2002 und in der notariellen Urkunde vom 27. Juni 1958 über die Erklärung zur Gütertrennung berücksichtigt, ergeben sich auch danach keine Abweichungen zu der Unterschrift vom 22. November 2002. Sonstige Gründe, aufgrund derer Zweifel berechtigterweise an der Echtheit der Unterschrift auf der Erklärung vom 22. November 2002 angemeldet werden könnten, hat die Beteiligte zu 1 auch nicht dargestellt. 

Auszüge aus Beschluss OLG Düsseldorf 3 Wx 79/20

Erkenntnisse des Verfahrens

Macht ein Hinterbliebener geltend, dass rechtsvernichtende Tatsachen, wie z. B. ein „Verstoß“ gegen einen Erbvertrag vorliegen, so trägt er die volle Darlegungs- und Beweislast zu dieser Behauptung. Diese Darlegungslast erstreckt sich insbesondere auch auf die Behauptung, etwaige Unterschriften seinen „unecht“.

Gerichte haben indes graphologische Gutachten nur dann von Amtswegen im Erbscheinerteilungsverfahren einzuholen, wenn sich aus den Unterschriftenproben ernste Zweifel an der Echtheit ergeben.