Corona-Pandemie ▪ § 313 BGB


Fitness-Studio-Betreiber und die einseitige Vertragsverlängerung

Nachricht Z 010/21

Recht zur einseitigen Vertragsanpassung?

Der Gesetzgeber hatte im Hinblick auf die anhaltende Corona-Pandemie und den damit verbundenen Beschränkungen und Einschränkungen, insbesondere wegen der mit den beiden Lockdown verbundenen Schließungen des Einzelhandels, eine Anpassung des § 313 BGB mit Wirkung ab dem 31.12.2020, vorgenommen.

Hierdurch wurde eine gesetzliche Vermutung eingeführt, dass coronabedingte Schließungsanordnungen zu einer schwerwiegenden Veränderung der vertraglichen Grundlage zwischen den Mietparteien führen kann. Zum anderen wurde ein Beschleunigungsgebot für gerichtliche Verfahren über die Mietanpassung wegen coronabedingter Problemstellungen eingeführt.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

§ 313 Abs. 1 BGB

In letzter Zeit berufen sich allerdings auch Fitness-Studio-Ketten zunehmend und pauschaliert auf den Anspruch zur Anpassung der Vertragsbedingungen, indem sie meist einseitig eine Vertragsänderung erklären. Hierbei handelt es sich zumeist um die einseitige Erklärung, die Vertragslaufzeit verlängere sich z. B. um die lockdownbedingten Monate der Schließung des Studios. Begründung: hierdurch erleide der Kunde schließlich keinen Nachteil.

Aber ist das richtig?

Problematisch an dieser Auslegung der Regelung des § 313 Abs. 1 BGB ist zum einen, dass den Studiobetreiber für die gewollte Rechtsfolge der Vertagsanpassung unverändert die Beweislast der Unzumutbarkeit des Festhaltens an den bisherigen Vertragsbedingungen, z. B. der Laufzeit des Vertrages trägt.

Hat der Betreiber des Fitness-Studios z. B. wegen Schließung dieses Kurzarbeit angeordnet und staatliche Hilfen erhalten, so ist mehr als zweifelhaft, ob er vom Kunden/Member/Mitglied tatsächlich so ohne weiteres eine Vertragsanpassung wegen der Laufzeit des Vertrages verlangen kann. Zudem ist die Regelung des § 313 BGB ohnehin nur dann eröffnet, wenn nicht das allgemeine Leistungsstörungsrecht für das betroffene Vertragsverhältnis eröffnet ist.

Genau mit dieser Argumentation schloss das Landgericht Osnabrück mit mit seiner Entscheidung 2 S 35/21, verkündet am 09.07.2021, Ansprüche eines Fintess-Studio-Betreibers auf Vertragsverlängerung aus.

Es bestehe damit weder ein Anspruch auf Zahlung der Beiträge während des Lockdown, da die Gegenleistung des Fitness-Studios unmöglich geworden war, als auch kein Anspruch auf Verlängerung der Vertragslaufzeit.

Fazit

Sollte Ihr Fitness-Studio-Betreiber also einfach einseitig die Vertragsbedingungen wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie anpassen wollen, sollten Sie überlegen, ob ein solches Verhalten zu einem seriösen Vertragspartner passt, zumal der Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 313 BGB bereits dogmatisch ein „Verhandeln“ der Vertragspartner voraussetzt und es sich bei den Fällen des § 313 BGB regelmäßig um Einzelfallentscheidungen handelt.

Sollten Sie von einer Vertragsbeendigung infolge Ihrer Kündigung und/oder wegen Ablaufs der Vertragslaufzeit ausgehen und der Fitness-Studio-Betreiber weiterhin Beiträge einfordern, oder sogar unrechtmäßig einziehen, sollten Sie diese Beiträge zurückfordern oder zurückbuchen.

Zudem sollten Sie vorsorglich zumindest textlich einer Vertragsanpassung widersprechen.

Notfalls bleibt sodann nur noch der Gang zum Rechtsanwalt, insbesondere dann, wenn der Fitness-Studio-Betreiber mit Abgabe an ein Inkasso-Unternehmen, Eintragung in die SCHUFA oder gar Klage droht, um seine vermeintlichen Rechte durchzusetzen.

In Anbetracht des Mitgliederschwundes bei Fitness-Studios im Jahr 2020, also als Folge der Corona-Pandemie, mag zwar das doch recht ruppige Vorgehen einiger Fitness-Studio-Ketten erklärbar sein, gerechtfertigt ist es allerdings hierdurch noch lange nicht.

So verlor die Fitnessbranche rund 1,3 Millionen Mitglieder in 2020.