Störung der Geschäftsgrundlage ▪ Hebel zur Mietminderung?


Nachricht M 005/2021

Störung der Geschäftsgrundlage ▪ was der Gesetzgeber ab dem 01.01.2021 neu regelte

Als Folge der politischen Entscheidungen rund um die Corona-Pandemie ergeben sich für große Teile der Bevölkerung erhebliche Einschränkungen in ihren persönlichen Freiheiten.

Für Unternehmen, insbesondere solche, welche besonders hart vom seit November 2020 anhaltenden Lock-Down betroffen sind (z. B. Gastronomie, Einzelhandel und Friseure) stellt sich die wirtschaftliche Lage besonders fatal dar. Neben der Fragestellung der Staatshaftung sowie der Fragestellung der Rechtswidrigkeit einzelner Maßnahmen, welche wir mit gesonderten Artikeln behandeln wollen, stellt sich vor allen Dingen die Frage nach der Gegenfinanzierung der nicht regulierbaren Fix-Kosten wie z. B. der Gewerberaummieten.

Gesetzliche Neuerung ab 01.01.2021

Still und heimlich und in Rekord-Tempo verabschiedete die große Koalition eine Gesetzesänderung, welche Sprengkraft entfalten könnte.

So wurde eine jahrzehntelang währende Rechtsprechung mit dieser Änderung in Frage gestellt und der anhaltende Streit verschiedener Gerichte zur Fragestellung der Störung der Geschäftsgrundlage im Mietverhältnis nunmehr scheinbar durch den Gesetzgeber infolge nachfolgender Regelung entschieden:

(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.

(2) Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.

Quelle: Artikel 240 § 7 EGBGB

Was bisher galt

Die bislang mit dieser Fragestellung befassten Gerichte wiesen nahezu alle durch gewerbliche Mieter im Rahmen der Corona-Pandemie erfolgten Mietkürzungen als unzulässig zurück.

Die Corona-Krise stellt nämlich nach nahezu einhelliger Meinung weder einen Mietmangel dar, noch wäre hierdurch die Geschäftsbeziehung zwischen Vermieter und Mieter derart gestört, dass von einer erheblichen Störung der Geschäftsgrundlage ausgegangen werden könnte.

Die Gerichte stützten diese Ansicht in diverseren Rechtsstreitigkeiten nach dem 1. Lockdown. Die Landgerichte Heidelberg (Urteil v. 30.07.2020, 5 O 66/20), Zweibrücken (Urteil v. 11.09.2020, HK O 17/20) Frankfurt (Urteil v. 02.10.2020, 2-15 O 23/20) und Stuttgart (Urteil v. 19.11.2020, 11 O 215/20) verneinten für Einzelhandelsflächen das Recht zur Mietminderung.

Dem stellten sich die Landgerichte München (Urteil v. 22.09.2020, 3 O 4495/20) und Mönchengladbach (Urteil v. 02.11.2020,  12 O 154/20) entgegen.

Was bedeutet die Änderung des Gesetzes

Durch die Gesetzesänderung wird es nun betroffenen Mietern vereinfacht, ihr Begehren auf kurzfristige Mietminderung gegenüber den Vermietern durchzusetzen.

So wird infolge der Neuregelung die gesetzliche Vermutung zu Lasten der Vermieter verschoben.

Hierdurch wird dem Mieter ein „starkes“ Schwert bei möglichen Verhandlungen mit dem Vermieter in die Hand gegeben. Dies dürfte insbesondere, für die besonders durch den harten 2. Lockdown betroffene Branchen, allen voran Einzelhandel, Friseuren und Gastronomie gelten.

Nun ist es jedenfalls für diese Branchen am Vermieter, im Streitfall den Nachweis zu führen, dass eine entsprechende eingeschränkte Nutzbarkeit der Mieträume infolge der Corona-Pandemie nicht gegeben war. Dieser Nachweis sollte zumeist nur schwerlich erbringbar sein.

Folgen der Rechtsänderung

Kann ich jetzt einfach die Mietzahlung für meine betroffene Gewerbe-Immobilie bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen einstellen?

NEIN!

Der Gesetzgeber scheint mit der Regelung eher den Druck auf die Vermieter erhöhen zu wollen, möglicherweise berechtigten wirtschaftlichen Belangen von Mietern, welche die Mietimmobilie nahezu nicht „vertragsgemäß“ nutzen können, nachzugeben und Mietminderungsvereinbarungen eher gegenüber offen zu stehen.

Der richtige Weg bleibt also die Verhandlung, zumal die Mietparteien im Regelfall auch nach der Pandemie noch miteinander auskommen müssen.

Was können wir für Sie tun?

Sollten Sie als Mieter oder Vermieter einer gewerblichen Immobilie einer der besonders betroffenen Branchen Handlungsbedarf sehen, so stehe ich Ihnen mit meiner langjährigen Erfahrung als Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht gerne vom Zeitpunkt der Verhandlung, über die notwendigen Vertragsgestaltungen, bis hin zum möglichen Rechtsstreit gerne zur Verfügung.