Pflichtteilsverzicht


Nachricht E 018/2020

… und das liebe Finanzamt

Der Pflichtteilsverzicht · alles nicht ganz so einfach

Nadine Körrer

Möchte ein Pflichtteilsberechtigter einen Pflichtteilsverzicht erklären, so ist dies rechtzeitig zu überlegen. Ein Verzicht kann steuerrechtlich unterschiedliche Auswirkungen haben. Hierbei kommt es auf verschiedene Faktoren an, beispielsweise ob der Verzicht vor dem Erbfall oder nach dem Erbfall erfolgt, ob der Verzicht dem künftigen Erblasser gegenüber oder den Erben gegenüber erfolgt, ob eine Abfindung gezahlt wird oder nicht und ob der Pflichtteil bereits geltend gemacht wurde oder nicht.

Ein Verzicht beispielsweise auf einen bereits entstanden Pflichtteilsanspruch, also nach dem Tod des Erblassers, lässt die mit der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs nach § 3 I Nr. 1, 3. Alt. ErbStG entstandene Erbschaftssteuer unberührt. Der Verzicht stellt einen weiteren erbschaftssteuerlich relevanten Vorgang dar, denn er ist eine freigebige Zuwendung des Berechtigten an den Erben.

Somit entsteht im schlimmsten Fall gleich zweimal Erbschaftssteuer, obwohl mit dem Verzicht die Geltendmachung „rückgängig“ gemacht werden sollte.

Es ist daher dringend angeraten, einen Pflichtteilsverzicht sorgfältig zu prüfen.

Steuerklasse bei Abfindung

Interessant ist in diesem Zusammenhang vielleicht auch, nach welchen Kriterien sich die Steuerklasse bei Abfindung für den Verzicht eines künftigen Erbrechts richtet. Der Bundesfinanzhof hat hierbei in seinem Leitsatz zur Entscheidung vom 10.05.2017 II R 25/15 unter Abkehr von seiner damaligen Rechtsprechung festgestellt:

„Die Besteuerung der Abfindung, die ein künftiger gesetzlicher Erbe an einen anderen Erben für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch zahlt, richtet sich nach der zwischen den Erben maßgebenden Steuerklasse (Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung). Vorerwerbe vom künftigen Erblasser sind nicht zu berücksichtigen.“

Leitsatz Bundesfinanzhof Az II R 25/15

Gerade im Bereich des Pflichtzeilsverzichts und der damit möglicherweise verbundenen steuerrechtlichen Problematiken ist eine rechtzeitige fachanwaltliche Beratung – zumal es meist um erhebliche Werte geht – dringend angezeigt.