Bürgschaft und Widerruf


Nachricht B 017/2020

Bürgschaft und Widerruf · geht das?

Nach der Neufassung des § 312 Abs. 1 BGB ff. handelt es sich bei Bürgschaften um keine Verbraucherverträge. Demnach unterliegen diese grundsätzlich auch keinem Widerrufsrecht.

Infolge der Neufassung der §§ 312 ff. BGB aufgrund der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU war in der Literatur und Rechtsprechung ein Streit darüber entbrannt, ob infolge der fehlenden Entgeltlichkeit der Leistung durch den Bürgschaftsnehmer, Bürgschaften per se nicht in den Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB fallen könnten. Schließlich schuldet im Sicherungsfall nur der Bürge etwas, nicht der Bürgschaftsnehmer, z. B. das Kreditinstitut.

Björn-M. Folgmann

Im vorliegenden Fall hatte das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg das Bestehen eines Widerrufsrechts des Bürgen angenommen und die Klage der Bürgschaftsgläubigerin, einer Bank, abgewiesen. Gleichzeitig ließ es die Revision zum Bundesgerichtshof zu.

Dieser entschied nunmehr diese Streitfrage zu Gunsten der Bürgschaftsgläubiger, mithin im Wesentlichen der Bankenlandschaft.

Der 11. Senat des Bundesgerichtshofs befasste sich mit Urteil vom 22.09.2020 (Az. XI ZR 219/19) umfassend mit der streitgegenständlichen Fragestellung. Hierbei betonte er mit aller Deutlichkeit, dass bereits dem Wortlaut des Gesetzes nach ein Widerrufsrecht in dieser Konstellation für Verbraucher nicht in Betracht käme. Er führt hierzu unter anderem aus:

Das Widerrufsrecht nach § 355 BGB i.V.m. § 312b Abs. 1, § 312g Abs. 1 BGB setzt gemäß § 312 Abs. 1 BGB einen Verbrauchervertrag (§ 310 Abs. 3 BGB) voraus, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat. Erforderlich ist, dass der Unternehmer aufgrund eines Verbrauchervertrages die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen hat. Diese Voraussetzungen eines Widerrufsrechts erfüllen Bürgschaften nicht.

Quelle: Bundesgerichtshof XI ZR 219/19

Der Bundesgerichtshof sah insbesondere keine vertragscharakteristische Gegenleistung der bürgschaftsnehmenden Bank an und versagte damit der betroffenen Verbraucherin das gesetzliche Widerufsrecht nach § 312 ff. BGB.

Bürgschaft und Widerruf schließen sich also aus.

Im Hinblick auf die Gefahren einer Bürgschaft gilt demnach sprichwörtlich und unverändert, „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“.