Unvermögen des Arbeitgebers


Nachricht A 012/2020

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Verweigerung der Annahme?

Manchmal ergibt sich schon bei der Beantwortung der Fragestellung des eigentlichen Zugangs der Kündigung, das den Rechtsstreit entscheidende Problem. Manchmal ist hierfür die Abgrenzung, ob eine Verweigerung der Annahme oder die fehlende Möglichkeit der Kenntnisnahme vorlagen, von Bedeutung.

Was sind die Voraussetzungen des Zugangs einer Kündigung?

Der Arbeitnehmer ahnt, wie es kommen muss. Er soll durch den Personalleiter die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen bekommen. Die Übergabe dieses Schreibens, dessen Inhalt er allerdings nur erahnt, verweigert der Arbeitnehmer. Hieraufhin hält der Personalleiter dem Arbeitnehmer das verschlossene Schreiben, in welchem sich die Kündigung befindet, lediglich vor die Nase. Zu einer Übergabe kommt es unstreitig nicht. Auch wird das Schreiben nicht mehr in Griffweite des Arbeitnehmers abgelegt. Dieser ermahnte den Personalleiter ergänzend dazu, den Brief ihm doch zuzuschicken oder in seinen Briefkasten zu werfen. Auch hierzu kam es nicht.

In der zweiten Instanz stritten die Parteien nun vor dem Landesarbeitsgericht Mainz, ob die Kündigungserklärung dem Arbeitnehmer wirksam zugegangen war.

Annahmeverweigerung oder fehlende Möglichkeit der Kenntnisnahme?

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Zur Lösung der vorliegenden Rechtsfrage kommt es ganz maßgeblich darauf an, ob der Arbeitnehmer die Annahme einer ihm im Ergebnis bekannten Erklärung verweigerte, ein solches Vorgehen wäre als unbeachtliche Vereitelung des Zugangs zu werten, oder ob dem Arbeitnehmer die Möglichkeit der Kenntnisnahme des Inhalts der Erklärung verwehrt wurde.

Das Landesarbeitsgericht Mainz 8 Sa 251/18 entschied zu Lasten des Arbeitgebers. Es wäre seitens des Arbeitgebers, handelnd durch den Personalleiter zumindest erforderlich gewesen, den Brief mit dem Inhalt der Kündigung griffbereit in der Reichweite des Arbeitnehmers abzulegen, damit dieser, soweit er vom Inhalt des Briefes Kenntnis hätte erlangen wollen, diese auch hätte erlangen können.

Das Kündigungsschreiben vom 27. März 2018 ist dem Kläger nicht zugegangen. Eine verkörperte Willenserklärung geht unter Anwesenden zu – und wird damit entsprechend § 130 Abs 1 Satz 1 BGB wirksam -, wenn sie durch Übergabe in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt. Es kommt nicht darauf an, ob der Empfänger die Verfügungsgewalt über das Schriftstück dauerhaft erlangt. Es genügt die Aushändigung und Übergabe, so dass er in der Lage ist, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (BAG 26. März 2015 – 2 AZR 483/14 – Rn. 20). Es kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts also sowohl auf die – jedenfalls vorrübergehende – Verfügungsgewalt des Empfängers, als auch auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme an. Dies verkennt die Beklagte, wenn sie – v.a. in der Berufungsbegründung – allein darauf abstellen will, dass der Kläger die Möglichkeit hatte, den Inhalt des „vor die Nase gehaltenen“ Schreibens zur Kenntnis zu nehmen.

LAG Mainz 8 Sa 251/18

Warum war die Fragestellung des Zugangs der Kündigung so wichtig war?

An sich wäre die Fragestellung des Zugangs der Kündigung nicht weiter erheblich. Im Regelfall kann der Arbeitgeber eine solche Kündigung einfach erneut aussprechen. Allerdings hatte im vorliegenden Fall der Arbeitgeber die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen eines wichtigen Grundes ausgesprochen. Hierzu sieht die Regelung des § 626 Abs. 2 BGB vor, dass die Kündigung mit einer Frist von 2 Wochen ab Kenntnis der die Kündigung begründenden Tatsachen ausgesprochen werden muss.

Diese Frist war im vorliegenden Fall längstens verstrichen.