Eigenbedarf


Nachricht M 005/2020

Aktuelle Entscheidungen

Mit dem Eigenbedarf als Kündigungsgrund eines Mietverhältnisses befasste sich der Bundesgerichtshof in letzter Zeit gleich mehrfach (insbesondere BGH VIII ZR 167/17 und VIII ZR 180/18). Hierbei hob der 8. Senat zuletzt wiederholt hervor, dass es sich bei der Feststellung dieses Kündigungsgrundes stets um eine Einzelfall-Entscheidung handele, bei welcher sich pauschalierte Prüfungen verböten.

Der Härtefall

Gesundheitliche Gründe

Vermehrt und immer wieder wehren sich vor allem langjährige Mieter gegen Kündigungen mit dem Grund der besonderen Härte. Was allerdings setzt ein solcher Härtefall voraus?

Christoph Schupp informiert

Weder alleine das hohe Alter des Mieters, noch die lange Mietdauer, aber auch nicht die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt begründeten automatisch einen Härtefall.

So werden sich etwa die Faktoren Alter und lange Mietdauer mit einer damit einhergehenden Verwurzelung im bisherigen Umfeld je nach Persönlichkeit und körperlicher sowie psychischer Verfassung des Mieters unterschiedlich stark auswirken und rechtfertigen deshalb ohne weitere Feststellungen zu den sich daraus ergebenden Folgen im Fall eines erzwungenen Wohnungswechsels grundsätzlich nicht die Annahme einer Härte im Sinne des § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Pressemitteilung Bundesgerichtshof Nr. 68/19

Es handelt sich vielmehr stets um eine Einzelfall-Entscheidung. Häufig werden daher die Tatsachengerichte ein Sachverständigengutachten einholen müssen.

Werden von dem Mieter für den Fall eines erzwungenen Wohnungswechsels indes substantiiert ihm drohende schwerwiegende Gesundheitsgefahren geltend gemacht, haben sich die Gerichte – wie der Senats bereits mit Urteil vom 15. März 2017 (VIII ZR 270/15, NJW 2017, 1474) ausgesprochen hat – beim Fehlen eigener Sachkunde regelmäßig mittels sachverständiger Hilfe ein genaues und nicht nur an der Oberfläche haftendes Bild davon zu verschaffen, welche gesundheitlichen Folgen im Einzelnen mit einem Umzug verbunden sind, insbesondere welchen Schweregrad zu erwartende Gesundheitsbeeinträchtigungen voraussichtlich erreichen werden und mit welcher Wahrscheinlichkeit dies eintreten kann.

wie vor

Der Bundesgerichtshof hielt es zuletzt sogar für notwendig, dass die befassten Tatsachengerichte ein etwaiges Sachverständigengutachten zur Frage etwaiger Gesundheitsbeeinträchtigungen von Amtswegen einzuholen hätten.

Eigenbedarf

Kündigungsgrund darf nicht unterstellt werden

Insbesondere in seiner Entscheidung BGH III ZR 167/17 betonte der Bundesgerichtshof, dass durch das erkennende Gericht nicht einfach der Eigenbedarf unterstellt werden dürfe.

Im dortigen Fall hatte der Vermieter mit der Begründung gekündigt, die Kündigung Erfolge, damit die Ehefrau des Eigentümers die Wohnung beziehen könne, um die örtliche Nähe zur eigenen Mutter zwecks Pflege herzustellen. Der Mieter bestritt diesen Grund und führte Streitigkeiten wegen Mietmängeln als wahren Grund der Kündigung an.

In diesem Fall hielt der Bundesgerichtshof die Anhörung der Ehefrau als Zeugin für notwendig.

In dem Verfahren 167/17 hat das Berufungsgericht schon die Wirksamkeit der Eigenbedarfskündigung rechtsfehlerhaft bejaht, weil es sich – trotz Bestreitens des Eigenbedarfs durch die Beklagten – mit dem schriftsätzlichen Vortrag der Kläger begnügt hat, statt den angebotenen Zeugenbeweis über die Ernsthaftigkeit des geltend gemachten Bedarfs zu erheben und gegebenenfalls die Klägerin zu 1 persönlich anzuhören.

wie vor

Wohnung erst erworben

Eigenbedarf kann auch schon beim Erwerb der Wohnung bestehen

Das Erlangungsinteresse des Vermieters besteht bereits bei einer erst kürzlich erworbenen Wohnung. Diese Selbstverständlichkeit betonte der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung BGH VIII ZR 180/18 nochmals.

Quelle: Phoenix (über YouTube)

Schussfolgerungen

Sowohl der Eigenbedarf des Vermieters, als auch der durch den Mieter angeführte Härtegrund sind im Einzelfall durch das Gericht, nötigenfalls durch Sachverständigengutachten festzustellen. Pauschale Lösungen verbieten sich.

Aus diesem Grunde sind Mietvertragsparteien angehalten sich in diesen Konstellationen möglichst bereits im Vorfeld anwaltlich sachkundig beraten zu lassen.