Sachgrundlose Befristung, die Zweite


Nachricht A 034/19

Die unendliche Geschichte um den Wortlaut

Also doch eine zeitliche Grenze für das Verbot der sachgrundlose Befristung?

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit seiner Entscheidung BAG 7 AZR 452/17 bereits ein zweites Mal in diesem Jahr mit der Frage der unzulässigen sachgrundlosen Befristung wegen Vorbeschäftigung zu beschäftigen.

Was war geschehen?

Ein Arbeitgeber schloss mit einem Arbeitnehmer einen befristeten Arbeitsvertrag. Ein gesetzlich anerkannter Sachgrund lag nicht vor.

Im Nachgang stellte sich heraus, dass mit demselben Arbeitgeber bereits vor 22 Jahren ein Arbeitsverhältnis bestanden hatte.

Der Arbeitgeber ging von dem Bestand eines befristeten Arbeitsverhältnisses aus, während der Arbeitnehmer auf den klaren Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verwies.

Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG

Der Arbeitnehmer wusste hierbei den Wortlaut und dem Grunde nach auch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 1 BVL 7/14, 1 BVR 1375/14 auf seiner Seite. Wir berichteten.

Eine eindeutige Sache für das Verbot der sachgrundlosen Befristung?

Weit gefehlt, nicht für das Bundesarbeitsgericht. Obwohl das Bundesarbeitsgericht sich in Anlehnung an vorgenannte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sich noch in seiner Entscheidung 7 AZR 733/16 dazu veranlasst sah, eine zeitliche Grenze bei dem Verbot der Vorbeschäftigung nicht anzunehmen, entschied es im aktuellen Fall dann doch ganz anders.

In seiner aktuellen Pressemitteilung führt der 7. Senat des Bundesarbeitsgericht hierzu aus:

Das Verbot der sachgrundlosen Befristung kann danach ua. dann unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt. Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend, da die Vorbeschäftigung bei der erneuten Einstellung 22 Jahre zurücklag. Besondere Umstände, die dennoch die Anwendung des in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestimmten Verbots gebieten könnten, liegen nicht vor.

Pressemitteilung BAG 29/19 vom 21.08.2019

Inwieweit sich die Ausgangslage seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geändert hat, bleibt unklar.

Das Bundesverfassungsgericht hat in aller Deutlichkeit klargestellt:

Richterliche Rechtsfortbildung darf den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht übergehen und durch ein eigenes Regelungsmodell ersetzen.

1 BVL 7/14, 1 BVR 1375/14

Ein Fazit

Es bleibt also doch nach Ansicht des Fachgerichts alles beim Alten. Durch diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist an sich nun nur eines eingetreten. Erneute völlige Rechtsunsicherheit und nach unserem Dafürhalten ein erneuter klarer Verstoß gegen den Grundsatz der Auslegung einer Norm, die ihre Grenze im Wortlaut des Gesetzes findet.
Sicherlich wäre hier eine Klarstellung durch den Gesetzgeber, aber nicht durch die fachgerichtliche Rechtsprechung angebracht.