Unzulässige Rechtsausübung des Betriebsrats


Nachricht A 026/2019

Wenn der Betriebsrat „blockiert“

Die Ausgangslage

Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen als Betriebsparteien nach den Vorstellungen des Gesetzgebers grundsätzlich einen Konsens herstellen. Keine der Parteien soll die andere dominieren. Aber ab wann kann ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung einer der Betriebsparteien vorliegen?

Was aber passiert, wenn der Betriebsrat offenkundig an einer Einigung nicht interessiert ist und der Eindruck entsteht, dass der Betriebsrat eine Blockadehaltung eingenommen und bei einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit den Arbeitgeber durch Verweigerungshaltung ohne sachlichen Grund „lahmlegt“?

Mit einem solchen Fall hatte sich erst kürzlich das Bundesarbeitsgericht 1 ABR 42/17 zu beschäftigen.

Zum Sachverhalt

Der recht komplexe Sachverhalt stellte sich auf das Wesentliche verkürzt, wie folgt dar:

Die Arbeitgeberin als Betreiberin eines Krankenhauses stellt regelmäßig Dienstpläne zu Ihrem Schichtbetrieb auf. Die Betriebsparteien sind dem Grunde nach darüber einig, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG  bei der Aufstellung dieser Dienstpläne besteht.

Der Betriebsrat verweigerte allerdings zu diversen Dienstplänen seine Zustimmung und berief sich pauschal auf eine Verletzung seiner Rechte, ohne den Sachverhalt zu dieser vermeintlichen Rechtsverletzung zu konkretisieren.

Die Arbeitgeberin versuchte, eine Einigungsstelle zu dieser Fragestellung zu installieren, scheiterte aber auch hier am Widerstand des Betriebsrats. Eine gerichtliches Verfahren über die zwangsweise Einsetzung einer Einigungsstelle wurde durch die Arbeitgeberin positiv gestaltet. Allerdings führte hiergegen der Betriebsrat Rechtsmittel.

In der Folge setzte die Arbeitgeberin Dienstpläne auch ohne Zustimmung des Betriebsrats um, mit der Begründung, den Betriebsablauf und insbesondere die öffentlich Aufgabe der Notfallversorgung von Patienten sicherstellen zu müssen.

Bis zuletzt benannte der Betriebsrat keinen Sachverhalt, welcher dem Grunde nach bei der Erstellung der Dienstpläne eine Rechtsverletzung vermuten ließ.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht sah in dem Verhalten des Betriebsrats schlussendlich einen Verstoß gegen die vertrauensvolle Zusammenarbeit und lehnte die Feststellung eines betriebsverfassungswidrigen Verhaltens der Arbeitgeberin unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 BetrVG ab.

Es führte hierzu insbesondere aus:

Eine gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßende und damit unzulässige Rechtsausübung kann ausnahmsweise vorliegen, wenn sich eine Betriebspartei auf eine formale Rechtsposition beruft, die sie durch ein in erheblichem Maße eigenes betriebsverfassungswidriges Verhalten erlangt hat (vgl. zu den Anforderungen an eine unzulässige Rechtsausübung im Rahmen von § 242 BGB BGH 27. Februar 2018 – VI ZR 109/17 – Rn. 20). Wegen der Besonderheiten des durch die Wahrnehmung strukturell gegensätzlicher Interessen gekennzeichneten Rechtsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat kommt eine solche unzulässige Rechtsausübung jedoch nur in besonders schwerwiegenden, eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht.

Bundesarbeitsgericht 1 ABR 42/17

Die Konsequenzen aus der Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht wies gleichwohl auf den Ausnahmecharakter dieser Entscheidung hin. Es zeigte allerdings mit dieser Entscheidung Verhaltensalternativen für die Arbeitgeberin auf, welche durch einen Betriebsrat in völlig unsachlicher Art und Weise blockiert wird, soweit dieser auf keinerlei Verhandlungsangebote der Arbeitgeberin mehr eingeht und für dieses Verhalten auch keinen sachlichen Grund benennt.