Digitaler Nachlass und Facebook


Nachricht E 023/2017

Digitaler Nachlass und das Zugangsrecht zum Account

Der Bundesgerichtshof BGH, Urt. v. 12.07., Az. III ZR 183/17 hatte sich unlängst mit dem Thema digitaler Nachlass zu beschäftigen.

Was war passiert?

Die Eltern einer unter unbekannten Umständen verstorbenen 15jährigen begehrten gegenüber Facebook Zugang zum Konto ihrer Tochter. Sie erhofften sich hierdurch Erkenntnisse zu den Umständen des Todes der Tochter zu erlangen. Insbesondere war für sie von Interesse, ob sich Hinweise auf einen Suizid im Account der Tochter fänden.

Facebook lehnte einen Anspruch auf Zugang der Eltern auf den Inhalt und Zugriff des Accounts unter Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ab. Zudem berief sich Facebook auf § 88 TKG und verwies darauf, dass der Zugang zu Facebook höchstpersönlich sei. Der Bundesgerichtshof stellte mit seiner Entscheidung allerdings klar:

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage begründet. Die Klägerin ist berechtigt, von der Beklagten zu verlangen, der Erbengemeinschaft Zugang zum Benutzerkonto der Erblasserin sowie den darin enthaltenen Inhalten zu gewähren. Ein solcher Anspruch ist vererblich, und es stehen ihm weder das postmortale Persönlichkeitsrecht noch das Fernmeldegeheimnis, datenschutzrechtliche Regelungen oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kommunikationspartner der Erblasserin entgegen.

BGH, Urt. v. 12.07., Az. III ZR 183/17

Der Bundesgerichtshof leitete diese Rechte aus den allgemeinen erbrechtlichen Bestimmungen des § 1922 BGB her.

Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über.

§ 1922 Abs. 1 BGB

Mit dieser Entscheidung war klar, dass auch Facebook grundsätzlich Zugang zum Account der verstorbenen Tochter gewähren müsste.

Wie ging es weiter?

Eigentlich hätte mit dieser Entscheidung Rechtsklarheit eintreten können. So aber nicht infolge der Reaktion von Facebook. Es stellte den Eltern als Erben nun den Inhalt des Accounts als pdf-Ausdruck auf USB-Stick zur Verfügung. Diese Vorgehensweise genügte den Ansprüchen der Eltern nicht. Sie forderten unverändert zumindest passiven Lesezugang und zogen erneut vor Gericht.

Das Landgericht Berlin entschied in einem weiteren Verfahren, dass der Zugriff auf einen USB-Stick nicht mit dem Zugriff auf den Account gleichstehe und damit unverändert durch Facebook passiver Zugang gewährt werden müsse.

Fazit

Infolge dieser Entscheidungen wird deutlich, dass bei Anbietern sozialer Netzwerke in Deutschland ein Umdenken eintreten muss. Für jeden Nutzer bedeutet dies jedoch künftig auch, dass er erbrechtliche Auflagen und Verfügungen zu seinem digitalen Nachlass treffen sollte.

Denn nicht jeder möchte, dass seine Erben ungehinderten Zugriff auf seine digitalen Accounts jedweder Art haben. Nutzer sollten sich also bewusst sein, dass Accounts in die Verfügungsgewalt der Erben fallen.