Abfindung und Insolvenz des Arbeitgebers


Nachricht A020/2019

Wann ist die Abfindung nur Insolvenzforderung

Die Problemstellung

Der Arbeitgeber kündigt das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer zu Unrecht auf. Dieser wehrt sich dem Grunde nach erfolgreich vor den Arbeitsgerichten. Er erstreitet eine Abfindung i. S. d. §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz (KSchG).

Während des Prozesses gerät der Arbeitgeber in Vermögensverfall. Es wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet.

Fragestellung

Was geschieht in einem solchen Fall mit der, mit dem Arbeitgeber ausgehandelten Abfindung. Teilt sie das Schicksal mit anderen Altforderungen als einfache Insolvenzforderung i. S. d. § 38 Insolvenzordnung (InsO), mit der Folge, dass diese zur Insolvenztabelle anzumelden ist. Für einen solchen Fall hat der Arbeitnehmer nur den Anspruch auf Zahlung einer eventuellen Insolvenz-Quote. Andernfalls könnte es sich bei der Abfindung um eine echte Masseverbindlichkeit handeln, mit der Folge, dass der Insolvenzverwalter die Forderung grundsätzlich vollständig zu erfüllen hat.

Die Lösung

Wie meist, kommt es ganz darauf an, wie zuletzt das Bundesarbeitsgericht 6 AZR 4/18 vom 14.03.2019 betonte. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Forderungen, welche nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet werden, grundsätzlich Masseverbindlichkeiten darstellen. Hierzu formulierte das Bundesarbeitsgericht nunmehr eine weitere Anforderung. So führt es aus:

Eine durch Auflösungsurteil zuerkannte Abfindung ist immer dann eine Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Satz 1 InsO, wenn der Insolvenz- verwalter das durch § 9 Abs. 1 KSchG eingeräumte Gestaltungsrecht selbst ausübt, indem er erstmals den Auflösungsantrag stellt oder diesen erstmals prozessual wirksam in den Prozess einführt. Um eine bloße In- solvenzforderung iSd. § 38 InsO handelt es sich demgegenüber, wenn der Insolvenzverwalter lediglich den von ihm vorgefundenen, bereits rechtshängigen Antrag des Schuldners weiterverfolgt und an dem so schon von diesem gelegten Rechtsgrund festhält.

Sollte der Insolvenzverwalter bei Eröffnung des Verfahrens also lediglich die Situation vorfinden, dass eine Abfindung bereits vereinbart worden, oder ausgeurteilt worden war, so handelt es sich um eine einfache Insolvenzforderung, welche zur Tabelle anzumelden ist. Hier nimmt er eine vorgefundene Situation auch nach Insolvenzeröffnung einfach hin.

Nimmt der Insolvenzverwalter hingegen eine eigene Handlung vor, stellt z. B. einen Auflösungsantrag, welcher die Abfindung erst auslöst, so handelt es sich folgerichtig um eine Masseverbindlichkeit.