Kündigung bei „Drogenkonsum“


Nachricht A001/2019

Fehlverhalten oder fehlende Eignung

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte sich in seiner Entscheidung 2 Sa 992/18 mit der Fragestellung auseinanderzusetzen, ob eine außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen des Verdachts auf „Drogenkonsum“ durch den Arbeitgeber berechtigt war.

Der Sachverhalt

Im streitgegenständlichen Fall war das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers, welcher als Maler beim Arbeitgeber beschäftigt war, nachdem er beim Konsum eines weißen Pulvers durch einen Mitarbeiter beobachtet worden war, zunächst per Mail, am Folgetag schriftlich aufgekündigt worden. Eine Anhörung des Arbeitnehmers zum Sachverhalt unterblieb.

Die Rechtslage

Die beiden ausgesprochenen Kündigungen erfolgten zu Unrecht, wie das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg mit seiner Entscheidung vom 24.08.2018 feststellte.

Die formlose Kündigung per Mail verstieß indes bereits gegen das Formgebot des § 623 BGB. Nach dieser Vorschrift haben Kündigungen schriftlich i. S. d. Gesetzes zu erfolgen. Das Gesetz sieht hierfür die eigenhändige Unterschrift des zum Kündigung Berechtigten v

Die weitere formgerechte schriftliche Kündigung des Folgetages war als Tatkündigung ausgesprochen worden. Allerdings konnte der Arbeitgeber lediglich Zeugenbeweis anbieten mittels eines Zeugen, der den Konsum eines weißen Pulvers gesehen hatte, nicht allerdings Angaben zur Beschaffenheit machen konnte. Hieran scheiterte die durch den Arbeitgeber ausgesprochene Tatkündigung. Das Landesarbeitsgericht führte hierzu aus:

Nach der Rechtsprechung des BAG (vgl. nur BAG 20.10.2016 – 6 AZR 471/15 – EzA § 626 BGB 2002 Nr. 55) kann der Drogenkonsum eines Arbeitnehmers grundsätzlich die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen (entschieden im Fall eines Berufskraftfahrers). Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Drogenkonsum im privaten Bereich oder während der Arbeitszeit erfolgt. Diesen Drogenkonsum des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen. Daran fehlt es vorliegend: Selbst wenn das Gericht zugunsten des Beklagten unterstellt, dass der Zeuge A. gesehen hätte, wie der Kläger ein weißes Pulver zu sich genommen hätte, hat der Beklagte damit keine Tat-Momente, sondern Verdachtsmomente geschildert.

Eine Verdachtskündigung scheiterte schließlich an der fehlenden obligatorischen Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch der Kündigung (vgl. dazu nur BAG 02.03.2017 – 2 AZR 698/15 – EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlungen Nr. 16, Rdziff. 22 m.w.N.).

Schlussfolgerungen

Arbeitgebern ist in vergleichbaren Konstellationen stets anzuraten, nicht voreilig eine fristlose verhaltensbedingte Kündigung auszusprechen, sondern die Ermittlungen zügig durchzuführen und anschließend vor Ausspruch der Kündigung im Zweifel den Arbeitnehmer anzuhören, um schlussendlich auch eine Verdachtskündigung erfolgreich aussprechen zu können.

Maßgeblich bei der notwendigen abschließenden Interessenabwägung wird auch die Art der Tätigkeit des Arbeitnehmers, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Tatsache sein, ob der Arbeitnehmer im Dienst oder außerhalb des Dienstes sich des Verdachts des Drogenkonsums ausgesetzt hat.

Bei Berufskraftfahrern, welchen aufgrund ihres Drogen- oder Alkoholkonsums der Führerscheinentzug droht, ist zudem als Alternative der Ausspruch einer ordentlichen personenbedingten Kündigung wegen fehlender Möglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung, in Erwägung zu ziehen. In solchen Konstellationen setzt sich einer Arbeitgeber während der laufenden Kündigungsfrist nicht einmal eines Lohn-Risikos aus. Der Arbeitnehmer ist schließlich infolge des Führerscheinentzugs oder Fahrverbots nicht in der Lage seiner vertraglichen Verpflichtung zur Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung nachzukommen.

Björn-M. Folgmann
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Arbeitsrecht 
Zertifizierter Berater Arbeitsrecht für Unternehmer (VdAA)