Entscheidung zu Heimkosten · Hoffnung für Bewohner von Pflegeheimen


Nachricht S 035/2018

Heimkosten müssen nicht unbedingt gezahlt werden, hierüber informiert Rechtsanwalt Christoph Schupp

Wechsel des Pflegeheimes mit weniger wirtschaftlichem Risiko – Heimkosten während der Kündigungsfrist nicht mehr zahlen

Soweit medizinische Gründe dies erforderlich machen, dürfen künftig Bewohner von Pflege- oder Altenheimen diese ohne zusätzliche Kosten von einem auf den anderen Tag wechseln, ohne hierfür die Heimkosten noch bis zum Ende der Kündigungsfrist zahlen zu müssen.

Bislang sehen viel Heimverträge vor, dass diese nur mit bestimmten Fristen, z. B. zum Ende des Quartals kündbar sind. Was aber, wenn aus medizinischer Sicht ein Heimwechsel dringend geboten ist. Mit einem solchen Fall hatte sich kürzlich der Bundesgerichtshof III ZR 292/17 zu befassen.

Er entschied, dass in solchen Fällen der Heimbewohner von „jetzt auf gleich“ das Heim wechseln darf, ohne, dass hierfür der Träger des bisherigen Heimes noch die Unterbringungskosten bis zum Ablauf der Kündigungsfrist verlangen dürfe. 

Der Bundesgerichtshof begründete diese Entscheidung in Anlehnung an die Regelungen des Sozialgesetzbuches. So können Pflegekassen bei medizinisch notwendigem Wechsel des Heimes die Leistungen an das bisherige Heim sofort einstellen. Der Bundesgerichtshof bejaht die unmittelbare Anwendung der Norm des § 87 a SGB XI auch auf das allgemeine Zivilrecht.

Der Bundesgerichshof führt hierzu im Einzelnen aus:


§ 87a Abs. 1 Satz 1 SGB XI, dem das Prinzip der tagesgleichen Vergütung zugrunde liegt, bestimmt, dass die im Begriff des Gesamtheimentgelts zusammengefassten Zahlungsansprüche der Einrichtung für den Tag der Aufnahme des Pflegebedürftigen in das Pflegeheim sowie für jeden weiteren Tag des Heimaufenthalts taggenau berechnet werden. Danach besteht der Zahlungsanspruch des Heimträgers nur für die Tage, in denen sich der Pflegebedürftige tatsächlich im Heim aufhält (Berechnungstage). In Anwendung des Prinzips der Berechnung auf Tagesbasis ordnet § 87a Abs. 1 Satz 2 SGB XI an, dass die Zahlungspflicht der Heimbewohner oder ihrer Kostenträger mit dem Tag endet, an dem der Heimbewohner aus dem Heim entlassen wird oder verstirbt.

Nach seinem eindeutigen Wortlaut regelt § 87a Abs. 1 Satz 2 SGB XI nicht allein die Zahlungspflicht des Kostenträgers, sondern erfasst ebenso die zivilrechtliche Vergütungspflicht des Heimbewohners. Es handelt sich um eine gegenüber den heimvertraglichen Bestimmungen des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes vorrangige Sonderregelung zugunsten von Heimbewohnern, die gleichzeitig Leistungsbezieher der Pflegeversicherung sind. Dieser Vorrang kommt darin zum Ausdruck, dass abweichende Vereinbarungen nichtig sind (§ 15 Abs. 1 Satz 2 WBVG, § 87a Abs. 1 Satz 4 SGB XI).

Betroffene und Angehörige sollten sich bei uneinsichtigen Heimträgern auf diese Vorschrift berufen und soweit die Ansprüche auf Erstattung des zuviel Erlangten noch nicht verjährt sind, eine Rückzahlung von den betroffenen Heimen verlangen. Gleiches gilt für eventuelle Erben von ehemals Betroffenen.

Heime sollten ihre vertraglichen Regelungen dringend der aktuellen Rechtslage anpassen.

Der Autor ist Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht