Ehevertrag sittenwidrig


Ausnutzen einer wirtschaftlichen Abhängigkeit

Nachricht E028/2018

Ehevertrag sittenwidrig – wenn der Ehegatte die wirtschaftliche Abhängigkeit des anderen ausnutzt

Haben Eheleute einen Ehevertrag geschlossen, so kann dieser Auswirkungen auf die Erbquoten bei Versterben eines Ehegatten haben.

Haben Ehegatten beispielsweise einen Ehevertrag geschlossen, mit dem Sie den Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausschließen und tritt sodann bei Tod eines Ehegatten mangels letztwilliger Verfügung die gesetzliche Erbfolge ein, so ist der überlebende Ehegatte nur zu ¼ Erbe des verstorbenen Ehegatten, weil die pauschale Quotenerhöhung für den Zugewinnausgleich von zusätzlich ¼ durch den Ausschluss im Ehevertrag nicht greift.

Auf der anderen Seite kann ein Ehevertrag auch unwirksam sein, so dass sich schlussendlich auch eine, zumindest von einem Ehegatten, unerwünschte Erbquote ergibt.

In einem  von dem OLG Oldenburg zu entscheidenden Fall bestand zwischen den Ehepartnern M und F  ein Altersunterschied von 20 Jahren. Sie war als Auszubildende in der Praxis des M tätig. Der Ehevertrag sah einen Ausschluss des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft und des Versorgungsausgleichs vor. Ferner verzichtete sie auf Unterhaltsansprüche nach dem 8. Lebensjahr des jüngsten Kindes. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrags war die Ehefrau hoch schwanger und musste mit einer Absage der Hochzeit rechnen, sollte sie den Ehevertrag nicht abschließen.

Als M verstarb, lehnte das Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins mit einer Quote von ½ für F ab, wogegen sie Beschwerde einlegte.

Das OLG Oldenburg hingegen stellte die Quote von ½ fest und begründete dies mit der Sittenwidrigkeit des Ehevertrages.

Das Gericht stellte eine verwerfliche Gesinnung des M fest, der die ungleichen Verhandlungspositionen einseitig ausgenutzt habe; F habe sich in einer Zwangslage befunden, sie sei wirtschaftlich und sozial von M abhängig gewesen, sie sei jünger gewesen und habe über weniger Lebenserfahrung verfügt. Schließlich sei ihr Mann auch ihr Arbeitgeber gewesen. Danach sei der Ehevertrag in der Gesamtschau sittenwidrig und nichtig.

OLG Oldenburg vom 10.05.2017, 3 W 21/17

IWW, 02/2018, S 22