Frist zur Anhörung bei einer Verdachtskündigung


Frist von zwei Tagen zu kurz!

Nachricht A025/2018

Frist zur Anhörung bei einer Verdachtskündigung

Frist zur Stellungnahme von nur zwei Tagen kann zu kurz sein

Will der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer wegen des Verdachts einer Straftat zu seinen Lasten die verhaltensbedingte Kündigung aussprechen, so kann eine Frist von zwei Tagen zur schriftlichen Anhörung zu kurz bemessen sein. Zwar ergibt sich aus der Regelubg des § 626 Abs. 2 BGB die Obliegenheit, kurzfristig einen Entschluss darüber zu fassen, ob eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden soll. Allerdings läuft diese 2-Wochen-Frist grundsätzlich erst nach Abschluss der zügig durchzuführenden Ermittlungen. Bei einer beabsichtigten Verdachtskündigung schließen die Ermittlungen mit der Anhörung des Arbeitnehmers ab. Ist dieser aus gesundheitlichen Gründen nicht zeitnah greifbar, kann er auch auch erforderlich sein, ihn schriftlich anzuhören.

Dies gilt vor allen Dingen dann, wenn der Arbeitnehmer erkrankt ist und der Arbeitgeber deshalb davon ausgehen musste, dass der Arbeitnehmer sich auch nicht ausschließlich zu Hause aufhält (LAG Schleswig-Holstein 3 Sa 398/17). Erschwerend trat im vorgenannten Fall hinzu, dass der Arbeitnehmer sich in diversen weiteren Streitigkeiten von einem Rechtsanwalt vertreten ließ und dieser trotz der Kenntnis des Arbeitgebers um die Erkrankung des Arbeitnehmers, nicht einmal eine Durchschrift der Anhörung erhielt.

Das LAG Schleswig-Holstein führt hierzu in seiner Pressemitteilung aus:

Der als Entwicklungsingenieur beschäftigte Kläger stritt sich mit seiner Arbeitgeberin, der Beklagten, schon mehrfach bis vor das Landesarbeitsgericht über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses. Im vom Landesarbeitsgericht nunmehr entschiedenen Fall ging es neben einer Versetzung und einer Änderungskündigung um eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 12. August 2016, die u.a. mit dem Verdacht von Straftaten begründet wurde. Im Zuge der im Rechtsstreit ebenfalls streitigen Versetzung des Klägers aus der Entwicklungsabteilung in den Außendienst erhielt der Kläger von der Beklagten im Juni 2016 ein Laptop ausgehändigt. Er war seitdem durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Nachdem der Kläger größere Datenmengen über das Laptop heruntergeladen hatte, verlangte die Beklagte das Laptop heraus. Am 3. August 2016 übersandte der Kläger der Beklagten ein anderes Laptop. Ob dies versehentlich erfolgte, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls gab die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 4. August 2016, in dessen Briefkasten frühestens am Abend eingegangen, Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 8. August 2016, 13:00 Uhr. Als die Frist verstrichen war, brachte die Beklagte die außerordentliche Verdachtskündigung auf den Weg.

Das Landesarbeitsgericht hält – angesichts des Umstands, dass sich die Parteien bereits anderweitig in vertraglichen und auch gerichtlichen Auseinandersetzungen befanden, in welchen sich der Kläger stets anwaltlich vertreten ließ – die Stellungnahmefrist von nicht einmal zwei vollen Arbeitstagen bis Montagmittag für in jeder Hinsicht unangemessen kurz.

Unter diesen Voraussetzungen sah das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein die Rechte des Arbeitnehmers für nicht gewahrt und gab der Klage des Arbeitnehmers auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung statt.