Schmähkritik in sozialen Netzwerken


Schmähkritik in sozialen Netzwerken und Kündigung

Nachricht A022/2018

Schmähkritik in sozialen Netzwerken – nicht jede Äußerung ist „Satire“

Dass soziale Netzwerke kein rechtsfreier Raum sind, sollte sich eigentlich herumgesprochen haben. Auch, dass nicht jede Art der Schmähkritik ohne Weiteres als künstlerische Freiheit zu werten ist und auch Satire und Meinungsfreiheit gewissen Regeln unterworfen sind, sollte spätestens seit der causa Jan Böhmermann bekannt sein.

Allerdings offenkundig nicht bei einem Angestellten der stadteigenen Tochter der Zwickauer Straßenbahngesellschaft. Der 50-jährige Arbeitnehmer hatte auf Facebook einen Account unter seinem Namen und mit einem Bild in seiner Dienstkleidung betrieben.

Auf diesem veröffentliche er ein Bild mit einer meckernden Ziege mit einer Sprechblase „Achmed, ich bin schwanger.“ Zuvor war er bereits mit einem Kommentar auf einer rechtsradikalen Seite aufgefallen.

Die Arbeitgeberin war über diese Vorgänge „not amused“ und kündigte das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters außerordentlich fristlos.

Dieser unterlag in beiden Instanzen (ArbG Zwickau 4 Ca 18/17 und LAG Sachsen 1 Sa 515/17).

Der Arbeitnehmer berief sich auf seine allgemeine Meinungsfreiheit, dass der Vorfall sich außerdienstlich ereignete und, dass der Beitrag als „Satire“ zu verstehen sei.

Dieser Argumentation folgten weder I., noch II. Instanz.

Das Landesarbeitsgericht setzt sich hierzu mit den Argumenten des Klägers wie folgt auseinander:

Eine solche die Würde des Menschen infrage stellende Schmähkritik ist entgegen
der Auffassung des Klägers nicht nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gerechtfertigt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schützt Art. 5
Abs. 1 Satz 1 GG zwar nicht nur sachlich differenzierte Äußerungen, sondern Kritik
darf gerade auch poentiert, polemisch und überspitzt erfolgen. Auch eine überzogene
oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht
1 Sa 515/17
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zur Schmähkritik. Eine Äußerung nimmt diesen Charakter erst dann an, wenn nicht
mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern – jenseits auch polemischer
oder überspitzter Kritik – die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (BVerfG
08.02.2017 – 1 BvR 2973/14 – NJW 2017, 1460 Rn. 14 m. w. N.). Hier sind strenge
Maßstäbe anzustellen, die Äußerung muss eindeutig sein. Ist eine Äußerung mehrdeutig,
so muss eine Deutung, die zu einem von der Meinungsfreiheit gedeckten
Ergebnis führen würde, mit schlüssigen, überzeugenden Gründen ausgeschlossen
werden können (BAG 18.12.2014 a. a. O. Rn. 25).

Des Weiteren stellte es zuvor fest:

Das vom Kläger im Internet gepostete Foto stellt eine menschenverachtende
Schmähung und Geringschätzung einer ganzen ausländischen Bevölkerungsgruppe,
nämlich der türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger dar. Mit Achmed, einem
ursprünglich arabischen und heute vielfach in der Türkei benutzten Namen, wird
insbesondere der türkische Mann angesprochen als ein Mensch, der Sodomie betreibt,
d. h. Geschlechtsverkehr mit Tieren, hier einer Ziege, vollzieht. Die Ziege
steht platzhalterisch für die türkische Frau, die für tierischen Nachwuchs sorgt. Damit
werden die türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger verächtlich gemacht, auf
eine tierische Ebene reduziert und eine zu achtende Menschqualität infrage gestellt.

Das Landesarbeitsgericht stellte fest, das Ziegenfoto habe nichts mit Satire zu tun, sondern solle eine Personengruppe in menschenverachtende Weise herabwürdigen. Dieser Umstand sei dem Arbeitnehmer auch durch Kenntnis der rechtsradikalen Seite und seines vorangegangenen Post bekannt gewesen.

Dieses Fehlverhalten stelle trotz seines außerdienstlichen Charakters eine erhebliche vertragliche Pflichtverletzung dar. Schließlich trat der Arbeitnehmer mit Klarnamen, Bezug auf seine Beschäftigung bei der Arbeitgeberin und Lichtbild in Dienstuniform auf seinem Facebook-Account auf und nahm damit eine erhebliche Rufschädigung der Arbeitgeberin billigend in Kauf.