Die Entscheidung des BGH zum paritätischen Wechselmodell (Nachricht F 2017/018)


Familienrecht - LogoDer BGH hat in seinem Beschluss vom 01.02.2017, Aktenzeichen XII ZB 601/15, zu den Voraussetzungen der Anordnung  des paritätischen Wechselmodells entschieden.

Bei dem paritätischen Wechselmodell handelt es sich um die hälftige Betreuung des Kindes durch beide Elternteile .

Im zu entscheidenden Fall hielt sich der minderjährige Sohn, für den beide Elternteile gemeinsam sorgeberechtigt waren, überwiegend bei der Mutter auf. Die Eltern hatten ein 14tägiges Besuchsrecht des Vaters vereinbart. Der Vater erstrebte die Anordnung einer Umgangsregelung in Form eines paritätischen Wechselmodells. Das Amtsgericht hatte diesen Antrag zurückgewiesen und auch die Beschwerde vor dem Oberlandesgericht blieb ohne Erfolg. Hiergegen hatte der Vater Rechtsbeschwerde vor dem BGH erhoben. Der BGH hob den Beschluss des OLG auf und verwies die Sache an das OLG zurück. Das Oberlandesgericht hatte die Anhörung des Kindes, in der Annahme, dass eine auf ein Wechselmodell gerichtete Umgangsregelung nach der gesetzlichen Regelung nicht möglich sei, nicht durchgeführt. Der BGH stellte in dem Beschluss fest, dass dies sehr wohl gesetzlich möglich sei.

§ 1684 BGB besagt, dass jedes Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil hat und jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt ist. Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung auch gegenüber Dritten näher regeln, § 1684 III BGB.

Eine gesetzliche Regelung hinsichtlich des Umfanges der Umgangszeiten gebe es nicht und schon gar nicht dahingehend, dass die Umgangskontakte nicht zu hälftigen Betreuungsanteilen der Eltern führen dürfen. Ein paritätisches Wechselmodell stehe vielmehr mit dem gemeinsamen Sorgerecht in Einklang.

Neben den beiderseitigen Elternrechten sei das Kindeswohl jedoch maßgebend und es sei im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob die geteilte Betreuung durch beide Eltern im Vergleich zu anderen Betreuungsmodellen dem Kindeswohl am besten entspreche. Das Wechselmodell stellt gegenüber herkömmlichen Umgangsmodellen höhere Anforderungen an die Eltern (bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit) und das Kind, das zwischen zwei Haushalten pendelt und sich auf zwei hauptsächliche Lebensumgebungen ein- bzw. umzustellen hat.

Dem Kindeswohl entspreche es dagegen nicht, ein Wechselmodell zu dem Zweck anzuordnen, diese Voraussetzungen erst herbeizuführen. Sei das Verhältnis der Eltern erheblich konfliktbelastet, so liege die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Anordnung in der Regel nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes. Das Kind sei zudem anzuhören und mit steigendem Alter sei dem geäußerten Willen des Kindes auch zunehmendes Gewicht beizumessen.

Es bleibt abzuwarten, wie häufig es zur Anordnung des paritätischen Wechselmodells kommt, da das Verhältnis der Eltern regelmäßig konfliktbeladen ist und es zumindest fraglich erscheint, ob ein wöchentliches Pendeln des Kindes zwischen den Eltern zu dessen Wohl ist.

signatur-artikel-nadine-becker