Rücknahme eines notariellen Testaments aus der amtlichen Verwahrung (Nachricht E 2017/016)


Erbrecht LogoDas Oberlandesgericht Düsseldorf hatte zu entscheiden, ob ein notarielles Testament auch nach der Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung wirksam sein kann.

Die Erblasserin hatte ihre Enkelin im Jahre 2001 in einem notariellen Testament als ihre alleinige Erbin eingesetzt. Sie verfügte gleichzeitig, dass ihre Tochter weder einen Erb- noch einen Pflichtteil bekommen solle. Wenige Tage später ergänzte die Erblasserin dieses Testament  jedoch und setzte zu Gunsten ihrer Tochter ein Vermächtnis in Höhe von 30.000,00 DM aus. Die beiden notariellen Testamente wurden von dem beurkundenden Notar in die amtliche Verwahrung beim Amtsgericht gegeben.

Im Jahre 2005 suchte die Erblasserin das Amtsgericht auf und verlangte dort ihre Testamente heraus. Das Gericht wies die Erblasserin ausdrücklich darauf hin, dass die notariellen Testamente mit der Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung widerrufen seien und damit unwirksam werden. Die Erblasserin ließ sich dennoch die Testamente aushändigen.

Im Jahre 2005 und 2006 verfasste die Erblasserin sodann zwei weitere Schriftstücke, mit denen sie ihr Testament ausweislich des Wortlauts abändern bzw. ergänzen wollte. Sie ging also offensichtlich davon aus, dass ihre Testamente weiterhin gültig waren.

Nach dem Tod der Erblasserin erhielt die Enkelin die notariellen Testamente. Über ihre Anwälte ließ sie vorsorglich die Anfechtung des in der Rücknahme liegenden Widerrufs der notariellen Testamente erklären. Hierbei stützte sich die Enkelin darauf, dass sich ihre Großmutter über die Rechtswirkung der Rücknahme der Testamente geirrt habe.

In der Folge beantragte die Enkelin einen Erbschein, der sie als alleinige Erbin ausweisen sollte.

Das Nachlassgericht wies diesen Erbscheinsantrag als unbegründet zurück. Die notariellen Testamente, so das Nachlassgericht, seien nach erfolgter Rücknahme unwirksam. Eine Irrtumsanfechtung komme nicht in Betracht, da sich die Erblasserin nach der erfolgten deutlichen Belehrung über die Rechtswirkungen der Rücknahme der Testaments nicht habe irren können.

Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts legte die Enkelin Beschwerde zum Oberlandesgericht ein und bekam dort Recht.

Das OLG stellte fest, Beschluss vom 23.12.2015 – I-3 Wx 285/14, dass die Enkelin aufgrund des Testaments aus dem Jahr 2001 alleinige Erbin war. Mit der Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung sind notarielle Testamente zwar unwirksam. Allerdings habe die Enkelin den Widerruf der Erblasserin wirksam angefochten und damit sei der Widerruf der Erblasserin als von Anfang an nichtig anzusehen.

Das OLG bejahrte den Irrtum der Erblasserin, dies trotz der Belehrung durch das Amtsgericht. Hierfür sprachen nach Auffassung der Richter die handschriftlichen Vermerke der Erblasserin aus den späteren Jahren. Diesen Äußerungen sei zu entnehmen, dass die Erblasserin auch nach Rücknahme ihres Testaments weiter von der Gültigkeit ihres letzten Willens ausging.

signatur-artikel-nadine-becker