Paradox „Der Geschäftsführer als Verbraucher“ (Nachricht A 2016/087)


Arbeitsrecht LogoEine Entscheidung, die das gesamte Koordinatensystem der Rechtsprechung um die Dienstverträge der Geschäftsführer auf den Kopf stellte:

Die Entscheidung Bundesarbeitsgericht BAG vom 19.05.2010 – 5 AZR 253/09.

Im Ergebnis kommt das Bundesarbeitsgericht zur Wertung, dass zumindest der Fremdgeschäftsführer nicht als Unternehmer, sondern als Verbraucher i. S. d. § 13 BGB zu behandeln sei. Damit schloss sich das Bundesarbeitsgericht dem Kriterienkatalog des Bundesgerichtshofs, verkündet bereits mit seiner Entscheidung vom 08.11.2005 – XI ZR 34/05 an.

Beide Entscheidungen dürften im Ergebnis zu unbilligen und realitätsfremden Ergebnissen führen. Sie sind an sich gesehen weder rechtlich begründbar noch führen sie in der Praxis zu sachgerechten Ergebnissen.

Stellt man dem Unternehmer die Frage, welchen Fremdgeschäftsführer er einstellen möchte, so stellt der wirtschaftlich vorausschauende Unternehmer einen Fremdgeschäftsführer als „unternehmerisch denkende Person“ ein. Hierbei handelt es sich auch um das gesetzgeberische Leitbild des Geschäftsführers. Er hat umfassende zivilrechtliche Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse, gilt kollektiv-arbeitsrechtlich als der Arbeitgeber und ist Weisungen im Tagesgeschäft nicht unterworfen.

Dieser „Ersatzunternehmer“ soll allerdings nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofs nicht in der Lage sein, seine rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen gegen das Unternehmen, vertreten durch die Gesellschafter, durchzusetzen.

Was der Fremdgeschäftsführer also in fremden Angelegenheiten kann und wofür er auch haften soll (z. B. Haftung nach § 64 GmbHG), traut ihm diese Rechtsprechung ganz offenkundig in seinen eigenen Angelegenheiten nicht zu.

Verhandelte der Geschäftsführer also mit den Gesellschaftern über den einzelnen Inhalt seines Geschäftsführervertrages, wäre er schön „dumm“. Akzeptiert er hingegen kritische Klauseln, so profitiert er von dieser Rechtsprechung.

Hierbei handelt es sich um ein ungewolltes Ergebnis, welches durch die Rechtsprechung schnellstens korrigiert gehört.

Signatur Artikel Björn-M. Folgmann