Sorgfalt bei der Verwendung von Ehegatten-Klauseln für den Fall der Wiederverheiratung (Nachricht E 2016/077)


Erbrecht LogoBringen Ehegatten sowohl erhebliches Vermögen, als auch Kinder in die Ehe ein, so möchten sie häufig sichergestellt wissen, dass bei Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten, nicht große Teile des Erbes zu Lasten der Kinder mittelbar auf den neuen Ehegatten des überlebenden Ehepartners übergehen.

Das saarländische Oberlandesgericht hatte sich mit einem entsprechenden Fall zu beschäftigen. Es betonte hierbei mit seiner Entscheidung 5 U 19/13 vom 14.10.2015:

Für die Bewertung letztwilliger Anordnungen ist das allgemein von § 138 BGB angesprochene „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ zu relativieren. Die Testierfreiheit geht weit. Der Erblasser kann die Erbfolge im Grundsatz nach seinen Wünschen und Vorstellungen regeln, ohne dass er sich am „Gerechtigkeitsempfinden“ einer gesellschaftlichen Mehrheit ausrichten müsste. Die Entscheidung über erbrechtliche Zuwendungen ist eine höchstpersönliche und muss weder rational begründbar noch nach mehrheitlicher Einschätzung „gerecht“ sein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.3.2004 – 1 BvR 2248/01 – FamRZ 2004, 765; Horsch, Rpfleger 2005, 286, 289). Grenzen bestehen aber auch dort. Sie können überschritten sein, wo eine letztwillige Verfügung eingesetzt wird, um den Bedachten dazu zu bewegen, seine Lebensführung an den Vorstellungen des Erblassers auszurichten, der sich damit einen – nicht schützenswerten – manipulativen Einfluss über den Tod hinaus erhalten will.

Vermögende Ehegatten, welche sich in einer solchen Lebenssituation befinden, sollten sich im Vorfeld fundierten familien-, aber auch erbrechtlichen Rat zu zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten einholen, um die gewollte Rechtsfolge zu Gunsten Ihrer Hinterbliebenen auch herbeizuführen und auszuschließen, dass Dritte Nutznießer des ererbten Vermögens werden, welche nicht vom Willen des Erblassers erfasst waren.

signatur-artikel-nadine-becker

Saarländische OLG 5 U 19/13 Entscheidung vom 14.10.2015