Vorlagefrage beim EuGH – Schadenersatz trotz Scheinbewerbung?


Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in der Sache BAG 8 AZR 848/13 mit einer mutmaßlichen Scheinbewerbung eines Volljuristen (Bewerber) auf ein sog. „Trainee-Programm“ eines Versicherungskonzerns zu befassen.

Arbeitsrecht LogoDer Bewerber hatte sich auf eine Stelle in diesem Programm beworben, wurde jedoch nicht angenommen. In der Folge verlangte er unter Hinweis auf Verletzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) Schadensersatz in Höhe von 14.000,00 €. Hierauf hin wurde er von der Personalabteilung des Versicherers zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Die Teilnehme lehnte er mit dem Hinweis, man könne sich nach der Zahlung über die Bewerbung unterhalten, ab.

Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten.

Das Bundesarbeitsgericht vertrat in diesem Fall die Ansicht, ein Schadensersatzanspruch bestünde nicht, da sich aufgrund des Inhaltes der Bewerbung, aber auch aufgrund des Verhaltens nach der Bewerbung, es dem Bewerber nur darauf angekommen sei, durch die Bewerbung den Status des Bewerbers zu erlangen, nicht aber den Zugang zur Erwerbstätigkeit. Damit handele es sich um keine ernsthafte Bewerbung, sodass der Bewerber nicht vom Schutzbereich des § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG erfasst sei.

Das Bundesarbeitsgericht formulierte insoweit:

„Aufgrund der Bewerbungsformulierung und des weiteren Verhaltens geht der Senat davon aus, dass sich der Kläger nicht mit dem Ziel einer Einstellung beworben hat. Das Bewerbungsschreiben steht einer Einstellung als „Trainee“ entgegen. Die Einladung zu einem Personalgespräch hat er ausgeschlagen. Damit ist der Kläger nach nationalem Recht nicht „Bewerber“ und „Beschäftigter“ iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG. Das Unionsrecht nennt jedoch in den einschlägigen Richtlinien nicht den „Bewerber“, sondern schützt den „Zugang zur Beschäftigung oder zu abhängiger und selbständiger Erwerbstätigkeit“.

Hiermit schließt sich der 8. Senat im Wesentlichen auch bereits der Rechtsprechung des LAG Hamm 10 Sa 503/14, verkündet am 25. Juli 2014 an. Auch in der dortigen Entscheidung hatte das Landesarbeitsgericht dem klagenden Bewerber einen Schadensersatzanspruch wegen mangelnder Ernsthaftigkeit der Bewerbung abgesprochen.

Das Bundesarbeitsgericht erkennt jedoch in der Frage der unionskonformen Auslegung der Norm, den Europäischen Gerichtshofs gefragt. Er stellte daher die Vorlagefrage:

Ist das Unionsrecht dahingehend auszulegen, dass auch derjenige „Zugang zur Beschäftigung oder zur abhängigen Erwerbstätigkeit“ sucht, aus dessen Bewerbung hervorgeht, dass nicht eine Einstellung und Beschäftigung, sondern nur der Status als Bewerber erreicht werden soll, um Entschädigungsansprüche geltend machen zu können?

Es sei nämlich alleine Sache des Europäischen Gerichtshofs, darüber zu entscheiden, ob die bloße Stellung als Bewerber, oder nur der ernsthaft gemeinte Zugang zur Beschäftigung, geschützt wäre.

Aufgrund der weiterhin „schwebenden“ Rechtslage bleibt es Arbeitgebern unverändert anzuraten, bei Stellenausschreibungen äußer akribisch darauf zu achten, keine diskriminierenden Formulierungen oder Bewerbungssituationen zu schaffen.

Signatur Artikel Björn-M. Folgmann

Rechtsmissbrauch bei gehäufter Bewerbung auf altersdiskriminierende Stellen

Altersdiskriminierung und die Suche nach einem Berufsanfänger

LAG Hamm 10 Sa 503/14

Pressemitteilung Nr. 34/15 zu BAG 8 AZR 838/13