Ein Testament ist nicht schon allein wegen seines Alters verdächtig, eine Fälschung zu sein!


Wenn ein eigenhändig verfasstes Testament erst nach langer Zeit wieder aufgefunden wird, begründet der lange Zeitraum für sich alleine noch keinen Fälschungsvorwurf. Es müssen vielmehr konkrete Anhaltspunkte hinzutreten, die diesen Vorwurf erhärten. Dies geht aus einer Entscheidung des OLG Frankfurt vom 15.10.2014 hervor (20 W 251/14).

Die im Todeszeitpunkt geschiedene Mutter von drei Kindern verstarb im Jahr 1991. Die Kinder sollten jeweils zu einem Drittel erben. Gut 20 Jahre später brachte eines der Kinder ein von der Erblasserin unterzeichnetes und handschriftlich niedergeschriebenes Testament aus dem Jahr 1991 bei. Nach diesem Testament sollte das Kind Alleinerbe sein, weshalb es einen entsprechenden Erbschein beantragte. Die beiden enterbten Geschwister zweifelten die Echtheit des Testaments an mit der Begründung, es sei höchst merkwürdig, dass nach derart langer Zeit plötzlich ein handschriftliches Testament der Erblasserin auftauche – erfolglos.

Zwar muss der Testamentserbe die Formwirksamkeit eines Testaments nachweisen. Das heißt aber nicht, dass ein eigenhändiges Testament allein dadurch zu Fall gebracht werden kann, dass der Fälschungseinwand erhoben wird. Nach Ansicht des OLG Frankfurt am Main würde dadurch insbesondere auch die Möglichkeit, gemäß § 2247 BGB ein handschriftliches Testament zu errichten, entwertet. Sprechen die Umstände für die Urheberschaft des Erblassers, müssen konkrete Anhaltspunkte für den Fälschungseinwand vorliegen. An ihnen fehlte es hier, zumal das Testament die Unterschrift der Erblasserin trug und auch die Unauffindbarkeit des Testaments über einen derart langen Zeitraum plausibel erklärt werden konnte.

signatur-artikel-nadine-becker

OLG Bremen 20 W 251/14