Die sachgrundlose Befristung oder BAG vs. LAG Baden-Württemberg


Arbeitsverhältnisse können grundsätzlich aufgrund einvernehmlicher Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien befristet begründet werden. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).

Da der Gesetzgeber grundsätzlich eine Beschränkung sachgrundloser Befristungen, insbesondere vor dem Hintergrund der dauerhaften Verhinderung des Eintritts des Kündigungsschutzes nach dem Kündigungschutzgesetz, verhindern wollte, sind sachgrundlose Befristungen ausschließlich für die Höchstdauer von 2 Jahren bei maximal 3-maliger Verlängerung während dieses Zeitraumes zulässig (§ 14 Abs. 2 TzBfG). Andernfalls wandelt sich das Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

Eine solche sachgrundlose Befristung ist jedoch nur dann zulässig, wenn nicht mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Durch diese Regelung wurden vor allen Dingen große, bundesweit tätige Arbeitgeber damit belastet, in ihren Personalabteilungen zu prüfen, ob nicht potentielle Arbeitnehmer bereits vor vielen Jahren bei Ihnen als Werkstudenten, bezahlte Praktikanten usw. vorbeschäftigt waren, sollten diese sachgrundlos befristet beschäftigt werden. Betroffen war hiervon auch viele Behörden und nicht zuletzt die Bundesagentur für Arbeit selbst.

Das Bundesarbeitsgericht überraschte sodann mit seiner Entscheidung BAG, Urteil vom 06.04.2011, 7 AZR 716/09. Es stellte mit dieser Entscheidung klar:

Der Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ohne Sachgrund bis zu zwei Jahre zu befristen, steht ein früheres Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit demselben Arbeitgeber nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG entgegen, wenn das Ende des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses mehr als drei Jahre zurückliegt.

Demnach könnten Arbeitgeber ohne weiteres Arbeitnehmer sachgrundlos befristet beschäftigen, soweit seit dem Ende der Beschäftigung mehr als drei Jahre vergangen sind. Hierbei formulierte das Bundesarbeitsgericht eine ungeschriebene negative Tatbestandsvoraussetzung.

Ob diese im Gesetz ohne weiteres eine Stütze findet, war und ist mehr als zweifelhaft.

Nicht zuletzt aus diesem Grunde trat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit seiner Entscheidung LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2014, 7 Sa 64/13 dieser Rechtsprechung entgegen. Es formulierte:

Entgegen der Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (Urteile vom 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 – und 21.09.2011 – 7 AZR 375/10) besteht das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zeitlich uneingeschränkt. Das ergibt seine Auslegung im Lichte der vom BVerfG für die Auslegung von Gesetzen aufgestellten Grundsätze (vgl. 25.01.2011 – 1 BvR 918/10).

 Das Landesarbeitsgericht wusste hierbei die besseren Argumente, nämlich:

  • eindeutigen Wortlaut des Gesetzes;
  • Wille des Gesetzgebers (Gerichte sind keine Ersatzgesetzgeber)

auf seiner Seite.

Eine abschließende Klärung ist bislang nicht erfolgt.

Die Revision wurde durch das Landesarbeitsgericht zugelassen. Die Sache ist anhängig beim Bundesarbeitsgericht 7 AZR 196/14. Es steht zwar zu vermuten, dass der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts nicht seine erst kürzlich gefasste Rechtsansicht aufgeben wird. Dennoch wird mutmaßlich abschließende Rechtssicherheit nicht eintreten. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass die Sache aufgrund verfassungsrechtlichen Bezugs noch vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt wird.

Arbeitgebern ist indes anzuraten genau aus diesem Grunde davon Abstand zu nehmen, auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu vertrauen, da nicht auszuschließen ist, dass sich zahlreiche Landesarbeitsgerichte der Rechtsansicht des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg anschließen könnten. Schließlich ist die verfassungsrechtliche Komponente dieses Widerstreits der beiden Gerichte (Stichwort: Bundesarbeitsgericht nicht als Ersatzgesetzgeber) nicht zu unterschätzen.

Signatur Artikel Björn-M. Folgmann

BAG, Urteil vom 06.04.2011, 7 AZR 716/09

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2014, 7 Sa 64/13

BVerfGE 25.01.2011 – 1 BvR 918/10