Das Behindertentestament


Mit dem Behindertentestament haben die Eltern des behinderten Kindes die Möglichkeit, besondere leidensbedingte Bedürfnisse des Kindes aus den Mitteln des Nachlasses zu befriedigen.

Bei Errichtung eines Behindertentestaments wird das behinderte Kind in Höhe eines Erbteils, der zumindest geringfügig über dem gesetzlichen Pflichtteil liegen muss, zum nicht befreiten Vorerben eingesetzt. So entstehen keine Pflichtteilsansprüche, die der Sozialhilfeträger gemäß § 93 I S.1 SGB XII auf sich überleiten könnte.

Für den Erbteil des behinderten Kindes wird sodann Dauertestamentsvollstreckung gemäß § 2209 BGB bis zum Tod des Kindes angeordnet.

Darüber hinaus trifft der Erblasser gemäß § 2216 II BGB Verwaltungsanordnungen dergestalt, wie der Testamentsvollstrecker das Vermögen verwalten soll und was er dem behinderten Kind zu dessen Lebzeiten zur Verbesserung seiner Lebensqualität zuweisen soll.

Unerwähnt bleiben darf bei allen Vorteilen aber nicht, dass das behinderte Kind Miterbe wird und dadurch infolge der gesamthänderischen Bindung auch Abwicklungsprobleme entstehen können.

Üblicherweise wird das behinderte Kind auch nur zum nicht befreiten Vorerben eingesetzt, da sonst der bei dessen Tod noch vorhandene Nachlass, der dann auf die gesetzlichen Erben des behinderten Kindes übergehen würde gemäß § 102 SGB XII, für die in den letzten 10 Jahren erbrachten Sozialleistungen, haftete.

Wird jedoch die Erbengemeinschaft durch Erbteilsverkauf auseinandergesetzt, ist der daraus resultierende Erlös kein Schonvermögen. Der Schutzmechanismus des Behindertentestaments ist aufgehoben und der Zugriff des Sozialhilfeträgers zulässig. (so LG Kassel, 17.10.2013, 3 T 342/13)

Da der durch das Behindertentestament errichtete Schutz, durch weitere Verfügungen über den Nachlass (Vorerbschaft) in der Hand des behinderten Kindes verloren gehen kann, sollten Verfügungen nicht ohne vorherige Beratung erfolgen.

signatur-artikel-nadine-becker

BGH, Urteil vom 20.10.1993, IV ZR 231/92

EE, Erbrecht effektiv 07/2014, S. 116 ff