Sparguthaben aus pfändungsfreiem Einkommen und Insolvenzbeschlag


Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung BGH 26.09.2013 IX ZB 247/11 in aller Deutlichkeit klargestellt, dass Sparbeträge, welche aus pfändungsfreiem Einkommen, angespart wurden, dem Grunde nach dem Insolvenzbeschlag unterfallen.

Der Bundesgerichtshof formuliert in seinem Tenor unmissverständlich:

„Vermögen, welches der Schuldner nach Verfahrenseröffnung aus seinem pfändungsfreien Vermögen angespart und auf ein Konto eines Kreditinstituts eingezahlt hat, unterliegt dem Insolvenzbeschlag.“

Streitgegenständlich wurde durch den Treuhänder vom Insolvenzschuldner ein „bei Seite gelegte Betrag“ in Höhe von 2.047,55 € zur Masse auf dem Wege der Nachtragsverteilung verlangt (§ 203 InsO). Das Insolvenzgericht hatte auf Antrag des Treuhänders entsprechende Nachtragsverteilung angeordnet, das Beschwerdegericht diesen Beschluss aufgehoben. Der Bundesgerichtshof entschied nunmehr abschließend zu Gunsten des Treuhänders als Antragsteller.

Nach der Vorschrift des § 35 InsO i. V. m. § 850 c ZPO unterliegt grundsätzlich pfändungsfreies Einkommen nicht dem Insolvenzbeschlag. Streitig war im vorliegenden Fall aber, ob auch solch aus pfändungsfreiem Einkommen generiertes Sparvermögen, dem Insolvenzbeschlag unterfiele.

Für diese Annahme spricht, dass auch nachträglich erworbenes Vermögen in die Insolvenzmasse fällt. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass im Rahmen der allgemeinen Zwangsvollstreckung, die Herkunft des angesparten Betrages grundsätzlich für seine Pfändbarkeit keine Rolle spielt. Zudem wandelt sich nicht verbrauchtes pfändungsfreies Einkommen, nach Argumentation des Bundesgerichtshofs, in einen andersartigen Anspruch auf Auszahlung gegen die das Sparkonto führende Bank. Es verliere damit seine Schutz aufgrund der Pfändungsschutzbestimmungen.

Die Entscheidung dürfte vorläufig Rechtsklarheit darüber bringen, wie mit aus pfändungsfreiem Einkommen angesparten Vermögen, umzugehen ist. Insbesondere wurde verdeutlicht, dass durch Handlungen des Schuldners, an sich pfändungsfreies Vermögen, nachträglich pfändbar „gemacht“ werden kann. Dieses Ergebnis entspricht auch den Grundsätzen des allgemeinen Zwangsvollstreckungsrechts und ist rechtsdogmatisch mehr als gut nachvollziehbar.

Ungelöst hingegen bleibt weithin die Frage, wie im Rahmen der geltenden Rechtsordnung, einem Schuldner die Möglichkeit eröffnet werden kann, angemessene Beträge in die Rückstellung zu nehmen, um notwendige Sonderausgaben, wie z. B. notwendige Ausgaben zur Autoreparatur eines Fahrzeuges, welches zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit dringend benötigt wird, sicherzustellen. Eine solche Fortsetzung der Erwerbstätigkeit dürfte schließlich im Interesse aller beteiligten Gruppen liegen.

Der grundsätzlich denkbare Weg, kurzfristig wegen der notwendigen und im Ergebnis auch den Gläubigern dienenden Sonderausgabe, das pfändungsfreie Einkommen zu erhöhen, wird erfahrungsgemäß nicht von allen Insolvenzgerichten getragen und zeigt auch nur dann Wirkung, wenn überhaupt pfändbares Einkommen vorhanden ist.
Wie zudem der rechtspolitisch motivierte Zweck erreicht werden kann, den Schuldner während des Insolvenzverfahrens auch dazu anzuhalten, zu erlernen, mit seinem Einkommen wirtschaftlich vorausschauend umzugehen und nicht sämtliches Einkommen für Konsum einzusetzen, bleibt ebenfalls offen.

Es wird also gerade in diesem Bereich bei Einzelfallentscheidungen der Gerichte verbleiben.

Signatur Artikel Björn-M. Folgmann