Abfindung im Arbeitsverhältnis


Ein weit verbreiteter Irrtum lautet:

Bei arbeitgeberseitig veranlasster Beendigung eines langjährig bestehenden Arbeitsverhältnisses, z. B. durch Kündigung steht dem Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber der Anspruch auf Zahlung einer Abfindung zu.

Diese pauschale Annahme ist schlichtweg im Ergebnis unrichtig.

I.

Die arbeitsrechtlichen gesetzlichen Bestimmungen kennen grundsätzlich bei Beendigung, auch des langjährig bestehenden Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber, für diesen keine Pflicht zur Zahlung einer Abfindung. Vielmehr hat er dessen Leistungen durch Zahlung des zumeist monatlichen Entgeltes an den Arbeitnehmer bereits umfassend abgegolten.

Ausnahmsweise finden sich aber in Arbeitsverträgen, Tarifverträgen oder in Sozialplänen, Abfindungsregelungen für Arbeitnehmer. Aufgrund der Unübersichtlichkeit, insbesondere der tarifvertraglichen Regelungen, ist im Bedarfsfall umfassende rechtliche Prüfung geboten, um nicht bestehenden Ansprüchen gegen den Arbeitgeber aus Unkenntnis, verlustig zu gehen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil das Arbeitsrecht zumeist kurze Verfallfristen kennt.

Finden sich – wie in der Regel – keine entsprechenden Regelungen, bleibt für den Arbeitnehmer bei bevorstehender Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber (aus betriebsbedingten Gründen), lediglich die Verhandlungslösung.

Diese Verhandlungen treten heute häufig – zur Vermeidung eines möglicherweise langwierigen Rechtsstreits – neben die Vorbereitung einer Kündigung des Arbeitgebers aus betriebsbedingten Gründen. Zumeist hat der Arbeitgeber bei geplanten Personalreduzierungen genau für diese Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses besondere Rückstellungen gebildet.

II.

Jedoch auch das – auf den ersten Blick noch so gute Angebot des Arbeitgebers auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindungszahlung – sollte gut geprüft sein.

In die Abwägung sind zumindest nachfolgende Punkte mit einzubeziehen:

  • Prozessprognose bei streitiger Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (z. B. in Abwägung der Sozialfaktoren, der Tatbestände, welche Sonderkündigungsschutz gewährleisten, Nachvollziehbarkeit der unternehmerischen Entscheidung, welche der Kündigungsabsicht zu Grunde liegt);
  • soziale Nachteile bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (z. B. Rentenanwartschaftsverluste, Verlust des Arbeitsplatzes, Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt, Zeitraum bis zum Eintritt in die Regelaltersrente oder des Vorliegens besonderer Rententatbestände usw.);
  • Ausgleichsklauseln, welche die Geltendmachung weitergehender Ansprüche zwischen den Parteien abschließend regeln.

Schließlich droht dem Arbeitnehmer, welcher sich aus dem Arbeitsverhältnis „löst“, die Kürzung von Arbeitslosengeldansprüchen, aufgrund der Anordnung von Sperrfristen beim Bezug des Arbeitslosengeldes durch die Bundesagentur für Arbeit. Eine Vereinbarung über die Beendigung und Abwicklung des Arbeitsverhältnisses (Aufhebungsvertrag) nämlich, erfüllt unter Anwendung der Durchführungsverordnung der Bundesagentur für Arbeit (DAO Sperrfrist), zumeist einen sperrfristauslösenden Tatbestand.

Bei unbedachter Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses drohen dem Arbeitnehmer unabsehbare rechtliche und soziale Nachteile.

Auch aus diesem Grunde sollte sich der Arbeitnehmer bereits frühzeitig in rechtliche Beratung begeben, um z. B. durch Vertragsgestaltung die möglicherweise negativen Wirkungen der Vereinbarung abzumildern.

 III.

Nach erfolgter rechtlicher und wirtschaftlicher Abwägung, muss der Arbeitnehmer sodann den Entschluss fassen, ob er sich in rechtliche Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber, auf dem Wege eines Prozesses über die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung mit dem Arbeitgeber (sog. Kündigungsschutzprozess), einlassen möchte, oder ob er dem Auflösungs- und Abwicklungsangebot des Arbeitgebers näher treten möchte.

Bietet der Arbeitgeber keine Abfindungslösung an, sondern kündigt unmittelbar das Arbeitsverhältnis, so bleibt dem Arbeitnehmer zur Wahrung seiner möglichen Rechte, lediglich die Möglichkeit äußerst zeitnah rechtliche Prüfung herbeizuführen. Die Entscheidung, ob Kündigungsschutzklage erfolgsversprechend ausgebracht werden soll, muss binnen einer nicht wiederholbaren 3-Wochen-Frist nach Zugang der Kündigung bei dem Arbeitnehmer, getroffen werden. Verspätete Klagen können regelmäßig, bereits aufgrund der bloßen Verspätung, keinen Erfolg mehr haben. In diesen Fällen ist also besondere Eile geboten.

IV.

Gleichgültig, welche Entscheidung der Arbeitnehmer treffen möchte, insbesondere aufgrund der weitreichenden Folgen für den Arbeitnehmer, ist diesem jedenfalls die frühzeitige Einholung rechtlichen Rates dringend ans Herz zu legen.

Zumeist zahlen Rechtsschutzversicherungen, welche Berufsrechtsschutz umfassen, sowohl die Erstberatung, als auch die Kosten der weiteren rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber.

Sollte Ihrerseits Beratungsbedarf bestehen, fragen wir gerne bei Ihrer Rechtsschutzversicherung an, ob Kostenschutz besteht. Sollten Sie über keinen entsprechenden Versicherungsschutz verfügen, so bietet sich immer noch die Möglichkeit, mögliche Ansprüche auf dem Wege der Beratungs- und Prozesskostenhilfe, geltend zu machen. Auch die Prüfung, ob die Voraussetzungen des Beratungshilfe- und Prozesskostenhilferechts vorliegen, kann von hier aus gerne erfolgen.

Signatur Artikel Björn-M. Folgmann

DAO Sperrfristen der Bundesagentur für Arbeit